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Lisi
Germanistin

Patin von Asif aus Afghanistan


Als das erste Projekt Connecting People begann und ich Asif, meinen Schützling aus Afghanistan, kennen lernte, war er bereits eineinhalb Jahre in Österreich.
Er hatte gerade Asyl bekommen ­ damals war die Taliban-Herrschaft gerade auf ihrem Höhepunkt, und auch einige seiner Freunde hatten Asyl erhalten - wie wir frisch gebackene PatInnen in unserer Schulung erfahren hatten, eine Ausnahme. Die Mehrheit der Asylanträge der jungen Flüchtlinge in Österreich werden negativ entschieden. Nur wenige Zeit später, als sich zwar in Afghanistan noch nichts normalisiert hatte und die Warlords nach wie vor das Sagen hatten, offiziell die Taliban jedoch abgesetzt waren, änderte sich das Verhalten der österreichischen Behörden wieder, und auch Asylanträge von Afghanen wurden nicht mehr positiv entschieden.
Asif aber hatte Glück, und er schien sich hier auch ganz gut zurechtzufinden. Nicht zuletzt deswegen, weil er, zumindest seit ich ihn kenne, von einer bewundernswerten Selbständigkeit und Zähigkeit ist. Er sucht und findet immer die richtigen Leute, die ihm helfen können, und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann lässt er nicht locker - für einen 18-Jährigen eine beachtliche Leistung. Vor allem, wenn man bedenkt, dass er zwar Deutsch schon recht gut beherrschte, aber sich bei Behördengängen oder anderen offiziellen Wegen natürlich noch unsicher fühlte.
Er hatte es auf jeden Fall schon geschafft, einen Kurs am bfi im EDV-Bereich bezahlt zu bekommen und eine Gemeindewohnung war auch in Aussicht. Es hat ausgesehen, als ob alles recht gut laufe - ist es auch, wenn man von immer neuen Problemen absieht, die sich wieder und wieder vor ihm auftürmen sollten:
Unlängst hat Asif zu mir gesagt, "Weißt du, immer, wenn ich ein Problem gelöst habe und glaube, jetzt kann ich einmal ein bißchen ruhig sein, kommt gleich das nächste". Und seine Stimme war nahe daran, zu kippen. Aber gleich darauf lachte er wieder, so wie er es immer macht, wenn alles zu traurig wird. Asif hat nun seine älteste Schwester zu sich nach Wien geholt, damit sie wenigstens die Chance erhält, Deutsch zu lernen. Veronika hat es geschafft, dass sie wenigstens Krankenversicherung über die Grundversorgung bekommt. Wie es mit seiner restlichen Familie weitergeht, ist noch ungewiss.
Ich hoffe, Asif wenigstens ein bisschen helfen zu kännen, ihm etwas abnehmen zu kännen von seinen vielen Problemen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit für jemanden wie mich, der so behätet aufgewachsen ist - im Gegensatz zu Asif, der mit 23 Jahren fär eine mittlerweile 5-käpfige Familie zu sorgen hat, in einem ihm immer noch fremden Land

Aus: Annäherungen. Junge Flüchtlinge und ihre PatInnen erzählen, Mandelbaum Verlag, 2006

Foto: Felicitas Kruse


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